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2. März 2012 | 7:19 Uhr

Ottokar: Halbfertige am Rande des Nervenzusammenbruchs

„Halb fertig“ fragt sich Ottokar. Was ist denn das überhaupt?
Und warum ist die Verhandlung über dieses Thema den beiden „Cowboys“ so wichtig?

Die Bilanz wird immer auf einen bestimmten Zeitpunkt aufgestellt (meist der 31.12.). Das „richtige“ Leben richtet sich aber nicht nach diesem Datum. Daher kommt es insbesondere in der Bauwirtschaft und im Handwerk immer wieder vor, dass vor dem Stichtag begonnene Aufträge noch nicht ganz fertig sind – also unfertig (halbfertig ist hier also nicht wörtlich zu nehmen).

Diese Arbeiten sind in der Bilanz gemäß Handels – und Steuerrecht gewinn erhöhend zu aktivieren. Für die Ausführung des Auftrages sind bereits Kosten entstanden (Lohn, Material), diese dürfen aber den Gewinn nicht mindern, weil auf der anderen Seite noch kein Umsatz für diesen Auftrag besteht (Abschlussrechnung noch nicht geschrieben).

Die Bewertung der „Halbfertigen“ hat also direkten Einfluss auf die Höhe Ihres Gewinns.
Halbfertige Arbeiten sind mit den bisher angefallenen Herstellungskosten zu bewerten.

Materialeinzelkosten
+ Fertigungseinzelkosten
+ Sondereinzelkosten der Fertigung
= steuerliche Herstellungskosten

Am besten ein Beispiel:
Sie machen bei Ihrem Kunden gerade ein neues Badezimmer.

  • Materialeinzelkosten: schon gekaufte Ware (Badewanne, Waschbecken, Fliesen, etc.)
  • Fertigungseinzelkosten: schon geleistete Arbeitsstunden Ihrer Mitarbeiter
  • Sondereinzelkosten der Fertigung: z.B. besondere Werkzeuge, die Sie nur für diesen Kunden brauchen

Die Ware ist mit dem Preis auf der Eingangsrechnung zu bewerten.
Die geleisteten Arbeitsstunden sind mit den angefallenen Kosten anzusetzen (also mit dem Stundensatz pro Mitarbeiter, der alle Personalkostenbestandteile enthält – das ist nicht zuletzt durch die Sozialversicherung mehr als der im Arbeitsvertrag genannte Stundenlohn).
Für das Finanzamt werden Sie eine möglichst niedrige Bewertung wählen – daher auch der „Streit“ zwischen Artax und BüroGrazia!

Für die Bank aber ist insbesondere für Kreditverhandlungen eine hohe Bewertung sinnvoll.
In der „Handelsbilanz“ für die Bank dürfen bestimmte Kosten hinzu aktiviert werden.
Vor diesem Hintergrund ist es häufig sinnvoll, zwei unterschiedliche Bilanzen für Finanzamt und Bank zu erstellen, auch wenn es bei Artax etwas mehr kostet.

Jetzt versteht Ottokar, warum Artax an diesem Punkt nicht nachgeben wird!