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9. Oktober 2015 | 8:59 Uhr

Die Fallen des Mindestlohns – Entlastung in Sicht?

von StB Stefan Link, Schneider Kissel Wetzlar www.schneider-kissel.de

Der Mindestlohn bringt neben Fragen auch Unsicherheit in Unternehmerkreisen mit sich. Oft ist es nicht mal der böse Wille, sondern die Unwissenheit, welche zu fehlerhaftem Verhalten führt. Zahlen Sie als Unternehmer beispielsweise nicht den Mindestlohn, so begehen Sie eine Straftat und Ihr Mitarbeiter kann die Differenz zwischen dem gezahlten Lohn und dem Mindestlohn einklagen.

Beispiel: Trotz Mindestlohn bezahlen Sie Ihrem Mitarbeiter nur 7,75 Euro pro Stunde, anstatt 8,50 Euro. Angenommen er arbeitet 160 Stunden im Monat für Ihr Unternehmen, so unterschlagen Sie Ihrem Mitarbeiter 120,00 Euro im Monat, das sind 1.440,00 Euro im Jahr. Diesen Betrag kann Ihr Mitarbeiter einfordern und Sie müssen ihn nachzahlen.

Aber das ist noch nicht alles. Die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Entgelt und dem Mindestlohn ist sozialversicherungspflichtig. Das bedeutet, Sie zahlen immer auf den Betrag von 8,50 Euro Sozialversicherungsabgaben, auch wenn Sie diesen Mindestlohn Ihrem Mitarbeiter nicht gewährt haben.

Mindestlohn im Minijob:

Auch der Minijob ist vom Mindestlohn betroffen. Demnach darf rein rechnerisch ein Minijobber nicht mehr als 52,5 Stunden pro Monat arbeiten. Dies könnte fatale Folgen für Sie als Unternehmer haben. Oftmals sind Minijobber auf Stundenbasis eingestellt. Arbeitet ihr Minijobber mehr als die 52,5 Stunden, so verdient er durch die Anhebung des Lohns auf den Mindestlohn von 8,50 Euro auch mehr als 450,00 Euro pro Monat. Womit das Beschäftigungsverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Minijobber sozialversicherungs- und steuerpflichtig wird.

Beispiel: Sie beschäftigen einen Minijobber, der auf 60 Stunden pro Monat bei Ihnen angestellt ist. Der bisherige Lohn hierfür betrug 7,50 Euro pro Stunde. Durch die Einführung des Mindestlohns überschreitet er die maximale Stundenzahl von 52,5 Stunden pro Monat und erhält einen monatlichen Lohn von 510,00 Euro, anstatt bisher 450,00 Euro. Als Arbeitgeber führen Sie dann hierauf die gesetzlich vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge ab.

Für Sie als Arbeitgeber ist dies nicht stets von Nachteil, denn Sie senken Ihre Beträge dadurch. Für den Minijobber dagegen kann die Sozialversicherungspflicht sich insoweit negativ auswirken, dass er plötzlich weniger rausbekommt, als seine bisherigen 450,00 Euro.

Aufgepasst bei Sonderzahlungen

Sonderzahlungen in Form von Weihnachtsgeld, Fahrtkostenerstattungen oder in Form von Benzingutscheinen sind heutzutage üblich. Bisher gibt es keine verlässliche Regelung, wie solche Sachbezüge oder Zuwendungen in Bezug auf den Mindestlohn zu behandeln sind. Um überhaupt auf den Mindestlohn anerkannt zu werden, müssen Sie z.B. als echte Gegenleistung zur normalen Arbeitsleistung gewährt werden.

Aufzeichnungspflicht durch den Mindestlohn

Seit der Einführung des Mindestlohns sind die damit zusammenhängenden Dokumentationspflichten ein permanenter Streitpunkt. Mit der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung hat man nicht nur ein Wort geschaffen, womit man einen riesen Spaß bei jedem „Stille Post“ Spiel haben kann, sondern vielmehr eine Verordnung, wo bereits wenige Wochen nach dessen Einführung von allen Seiten gefordert wurde, die bürokratische Last in Form von Dokumentationspflichten abzubauen.

Demnach müssen für Minijobber, kurzfristig Beschäftigte sowie Arbeitnehmer in den Branchen, die zur Sofortmeldung bei Beschäftigungsbeginn verpflichtet sind (§ 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes), Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet und für mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Gehören Sie einer dieser Branchen an, müssen Sie die Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer aufzeichnen, also auch diejenigen mit festem Entgelt und/oder vereinbarter fester Arbeitszeit.

Neuregelungen zum 01. August 2015

Zum 01. August 2015 sind nun erste Erleichterungen beschlossen worden:

  1. Weniger Dokumentation

a)     Bisher galt eine Einkommensschwelle von monatlich 2.958,00 Euro. Lag das Monatsentgelt darüber, entfiel die Aufzeichnungspflicht. Zukünftig entfällt die Aufzeichnungspflicht nach dem Mindestlohngesetz bereits dann, wenn das „verstetigte regelmäßige Monatsentgelt“ mehr als 2.000,00 Euro brutto beträgt und dieses Monatsentgelt für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate nachweislich gezahlt wurde

b)     Des Weiteren sind bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers) die Aufzeichnungspflichten nicht mehr anzuwenden

  1. Mindestlohn über der gesetzlichen Untergrenze

Bereits in einigen Branchen gibt es bundesweit allgemeinverbindliche Mindestlöhne, die oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro die Stunde liegen (Gerüstbauer, Abfallwirtschaft oder Dachdecker). Ab 01.08.2015 gilt dies auch erstmals für die Branche der Geld und Wertdienste (z.B. Geld- und Werttransporte).

Die Erleichterungen sind natürlich noch nicht ausreichend, aber immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung. Der Arbeitsministerin wurde von politischer Seite empfohlen, „noch einmal dringend mit den Mittelständlern zu reden, die aus der Praxis kommen“. Ein Vorschlag, den man nur unterstützen kann.

 

Quelle: http://www.steuerausblick.de/wordpress/?p=2261