NAVIGATION
WEB
22. Januar 2010 | 19:45 Uhr

Steuerliche Behandlung gemischt veranlasster Reisen

Nach einem Beschluss des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 21.09.2009 (GrS 1/06) sind Aufwendungen für gemischt veranlasste Reisen in größerem Umfang als bisher zum Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zugelassen.

Im Streitfall hatte der Kläger, der im Bereich der Informationstechnologie beschäftigt und anschließend als „EDV-Controller“ tätig war, eine Computer-Messe in Las Vegas besucht. Finanzamt (FA) und Finanzgericht (FG) waren der Auffassung, von den sieben Tagen des USA-Aufenthalts seien nur vier Tage einem eindeutigen beruflichen Anlass zuzuordnen. Deshalb seien nur die Kongressgebühren, Kosten für vier Übernachtungen und Verpflegungsmehraufwendungen für fünf Tage zu berücksichtigen. Das FG erkannte darüber hinaus auch die Kosten des Hin- und Rückflugs zu 4/7 als Werbungskosten an. Dagegen wandte sich das FA mit der Revision und machte geltend, die Aufteilung der Flugkosten weiche von der ständigen Rechtsprechung des BFH ab; die Flugkosten dürften wegen des Aufteilungs- und Abzugsverbots aufgrund der privaten Mitveranlassung überhaupt nicht abgezogen werden.

Der BFH hat das Urteil des FG bestätigt und führt damit eine Rechtsprechungsänderung herbei.

Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen können nach Ansicht der Richter grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden. Voraussetzung sei, dass die beruflich veranlassten Zeitanteile fest stehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge könne es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen.

Ein Abzug der Aufwendungen kommt nach der Entscheidung des Gerichts nur dann insgesamt nicht in Betracht, wenn die – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z. B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich ist, es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung fehlt.

Mit diesem Urteil hat der BFH die bisherige Rechtsprechung aufgegeben, die der entsprechenden Vorschrift des Einkommensteuergesetzes (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen entnommen hatte. Ein solches Aufteilungs- und Abzugsverbot, das die Rechtsprechung in der Vergangenheit ohnehin in zahlreichen Fällen durchbrochen hatte, lässt sich nach Auffassung des Gerichts dem Gesetz nicht entnehmen. Dieses Urteil kann Auswirkungen auch auf die Beurteilung anderer gemischt veranlasster Aufwendungen haben.

Von der Änderung der Rechtsprechung sind allerdings solche unverzichtbaren Aufwendungen für die private Lebensführung nicht betroffen, die durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind (z. B. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung oder für eine Brille).

Quelle: Pressemitteilung des Bundesfinanzhofes vom 13.01.2010.

Der Beschluss ist auf der Homepage des Bundesfinanzhofes veröffentlicht.

Quelle: www.steuerlex24.de – dem Homepage-Service für Steuerberater